Schlaupelze

Fuchsgeschichten

Sie sind clever... und schön. Und warum schießt man sie dann? Das frage ich mich heute auch, damals nicht, als ich noch jagen ging. Es steckte wohl ein besonderer Reiz dahinter, sie zu überlisten. Und es war keineswegs so, dass der Jäger stets im Vorteil war.
Der erste Fuchsrüde, denn ich allein erlegte, taufte ich "Stummel". Die Füchsen so eigene prächtige Lunte war nur noch das. Wer weiß, was da passiert war. Es war Winter und bitterlich kalt, als ich durchs Revier ging, um nach dem Rechten zu schauen. Der Schnee lag relativ hoch und an dem Tag, ich habs mir notiert, herrschten 18 Grad Minus. Das Revier war mir durch die Lehrzeit vertraut.
Auf einer der großen Wiesen im Grund unterhalb der Straße zum Dorf, gewahrte ich einen Fuchs, mäuselnd. Weit wars, sehr weit, und ich legte mich auf den Bauch in den eiskalten Schnee. Bei solch Temperaturen bodenloser Leichtsinn. Mein Herz machte Sätze, aber vor Kälte. Trotzdem zog ich ab und.... vorbei. Noch ein Versuch, nochmal verfehlt. Kruzitürken! Was war mit mir los? Und der Fuchs tat, als wäre nichts gewesen.
Später schätzte ich die Entfernung auf 200 Meter, glatter Blödsinn. Abwarten und ihn näher heranlassen, dazu fror ich zu sehr.
Ich wandte mich dem Heimweg zu, die Waffe ungeladen, denn bei solch knirschendem Schnee... wozu. Ich stapfte den Hauptweg entlang und plötzlich trollte ein weiterer Fuchs... mir direkt vor die Füße. Keine 20 Meter lagen zwischen uns und er schien mich, so abrupt wie ich stehengeblieben war, nicht mal zu bemerken. Aber so zog er unbeschossen seiner Wege - und ich ärgerte mich ob meiner Dummheit.
Ein weiterer Pirschgang, der 7. Februar steht im Tagebuch vermerkt, gewahrte ich einen Fuchs in der Nähe einer Birkengruppe im Grund. Nun wollte ich's richtig machen, nicht mehr so überhastet schießen, und setzte mir den Feldweg unterhalb der Birken als Ziel, bis wohin er kommen musste. Als er tatsächlich dort ankam, stand er spitz von vorn auf mich zu. Also warten und als er breit stand, drückte ich ab. Getroffen, aber ziemlich weit hinten, und so brauchte es den zweiten Schuss, ehe er lag. Füchse sind eben ein sehr schmales Ziel. Mit Schrot habe ich sie daher lieber gejagt. Bei Stummel war es ein Kaliber .222 Remington. Nur hat Schrot auch noch andere "Effekte", und welche, das gibts in der nächsten Story.




Mit Eins mach Zwei

Leitern bauen, Kanzeln errichten, das Holz dazu musste auch selbst geschlagen werden. Jagd ist viel an Drumherum - und Mühe. Zu jener Zeit im "Kösele" hatte ich zwei gute Helfer, einer davon war mein damaliger Lebenspartner. Ich weiß noch, dass diese neu errichtete Leiter sich gegenüber einer Dickung befand, davor eine kleine Wiese und alles mitten im Wald. Ein nicht sehr großes, aber schönes Revier, in dem ich damals jagen ging, ziemlich eigenständig sogar und allein verantwortlich dafür, denn der Pächter "kam aus dem Westen", wohnte weit entfernt. Absprachen trafen wir meist per Telefon.  Es war jener Pächter, der später wollte, dass ich nachts mit Lampe auf Sauen jage und  mein Lebenspartner das ebenfalls tut - ohne Jäger zu sein. Na ja, und so ging ich, schweren Herzens, wegen des Reviers und der vielen Arbeit, die ich da hineingesteckt hatte.

Zu jener Zeit war davon noch nichts zu spüren und so saßen wir, hundemüde, schon halb fünf früh auf dieser Leiter. Ich mit Waffe, mein Begleiter natürlich nicht. Gegen halb Sieben sah ich zwei Füchse in der Nähe der Dickung miteinander spielen und nahm einen davon ins Visier. Der Schrotschuss streckte, nur sah ich den Zweiten nicht davonrennen, sondern sich im Dickicht verkriechen. Was war da los?
Nachdem wir abgebaumt hatten, suchte ich gezielt nach ihm. Da stimmte was nicht und ich wollte wissen, was los ist. Tatsächlich lag er dort, wo er verschwunden war -  verendet. Die Garbe hatte auch ihn mit erwischt.
Ein Schuss, zwei Füchse. Es waren Jungfüchse gewesen und ich hatte sie mitten im Spiel.... Schon damals kam ich mir irgendwie "doof vor", heute würde ich nicht schießen, denn heute sehe ich sie lieber lebendig.
Es ist schon merkwürdig, wie sich die Zeiten verändern. Oder der Mensch sich mit ihr, denn ich habe einige Jäger erlebt, die irgendwann Büchse mit Kamera tauschten. Auch mein Försterfreund hatte zum Schluss nicht mehr diesen Ehrgeiz auf "Beute", wie er mir mal erzählte, damals, kurz bevor er starb. Draußen sein ja, Ansitzen ja, aber schießen? Es hat sicher auch damit zu tun, dass man sich selbst was beweisen möchte, oder anderen, und das ändert sich mit den Jahren häufig, bei einigen, nicht bei allen.





Füchse, Füchse...

Zu jener Zeit, als ich noch jagen ging, hatte es noch viele, zu viele oft. In diesem Revier, sogar ganz in der Nähe, wo ich damals wohnte, hatte mich ein Fuchs regelrecht kirre gemacht. Er erhielt eine extra Geschichte, so geht es diesmal nicht um ihn, sondern andere, die diese "Futterwiese" genauso besuchten. Ich könnte viele Abenteuer mit Füchsen berichten, denn es war eben nicht immer einfach, sie zu bejagen. Sah man sie, waren sie sogar für die Kugel meist zu weit weg.
Gut, es gab Möglichkeiten, sie anzulocken, aber davon machte ich selten Gebrauch. Irgendwie hielt ich das für unfair. Das Anlegen von Köderschächten zum Beispiel, außerdem konnten die mit der Zeit elendiglich "müffeln". Mäuseln war da schon was anderes. Der einfachste Trick: Eine Flasche und ein angefeuchteter Korken, den man daran rieb. Ein wenig Übung gehörte schon dazu, den richtigen Ton zu erzeugen, um den Rotrock zum Anwechseln zu bringen. Und dann: Füchslein war aufmerksam in alle Richtungen, deren Gehör enorm, logisch. Selbst  die geringste Bewegungen nahmen sie wahr, so wie Wildschweine, Rot- oder Rehwild. Sie scheinen zwar voll auf ihre Beute konzentriert zu sein... Nein, sie merkten alles. Guten Wind brauchte es sowieso, aber auch möglichst geschlossene Kanzeln und Stille, um zu einem jagdlichen Erfolg zu kommen. Und Stille herrschte auch bei diesem Ansitz an einem Dezemberabend. Aber aufmerksam waren die Füchse an dem anscheinend nicht.

Eine leichte Schneedecke bedeckte Wiesen und Felder. Die in der Nähe der Kanzel befindliche Kirrung an der Dickungsgrenze lag unberührt, wie ich durchs Glas erkennen konnte. Also keine Sauen im Revier, schade. Die Dickung lag versetzt rechts hinter mir, die Kanzel stand einige Meter entfernt  an einer Ecke.
Friedlich wars, ruhig, nicht mehr weit bis Weihnachten und schon beinahe dunkel, doch bei diesem Schnee... Ich liebte diese Stimmung, bei der Ruhe und gleichzeitig Spannung herrschte. Was kommt, kommt überhaupt was und wie geht es aus? Und so ein bisschen Grusel gabs auch. Immerhin, so ganz alleine und weit ab von den Häusern am Wald...
Im nächsten Moment stand ein Fuchs vor der Kanzel. Leise öffnete ich das Fenster, fand nicht mal gleich den Nagel zum Einhängen der Schnur. Bauz! Der Fuchs zog weiter seinen Bogen um die Kanzel. Hatte ich ihn im Ziehen doch verfehlt? Aber weshalb flüchtet er dann nicht hinüber in die Wasserleitungsbüsche? Die waren doch sehr nahe und geradezu der kürzeste Weg zur Sicherheit! Nein, er zog weiter um die Kanzel, wurde allerdings, so schien mir, langsamer, und verschwand dann in der Dickung. Doch getroffen?
Ich blieb auf der Kanzel sitzen. Weit weg entdeckte ich ein Reh und noch weiter entfernt einen nächsten Fuchs auf der Wiese.
Die Sicht war ideal. Der abnehmende Mond schickte ein  leichtes Licht durch die geschlossene Wolkendecke und der Schnee erschien dadurch nicht zu hell. Alles zusammen bestens zur Jagd geeignet.
Ich dachte daran, dass ich nur noch selten Zeit finde, um auf Jagd zu gehen und solch eine schöne Ruhe hier draußen zu genießen. Wie oft fühlte ich mich an den Wochenenden so müde, dass ich mich zwingen musste, abends rauszugehen. Und da waren ja auch noch die anderen Pflichten, die das Bisschen freie Zeit fraßen.
Kurz nach Sechs machte ich mich fertig zum Abbaumen. Mein Mann war unterwegs, aber den Kindern hatte ich versprochen, bis halb Sieben zu Hause zu sein. Als ich aus der Kanzeltür klettern wollte, huschte ein Fuchs direkt unter mir hindurch in Richtung  Dickung. Wo bitte kam der denn her? Der übliche Kontrollblick vor dem Abbaumen hatte nichts in Anblick gebracht.
Hinsetzen, warten, nichts tat sich. Ich stand bereits wieder auf der Kanzelleiter, da sah ich entweder diesen oder noch einen anderen Fuchs nur wenige Meter vor der Kanzel, also Richtung Wiese. Leise, leise ... Zurück in die Kanzel, Fenster auf... Er schnürte direkt vor der Kanzel. Fast auf der gleichen Stelle, wie der erste Fuchs gestanden hatte, warf ihn der Schrotschuss nieder. „Den hast du endlich!“ dachte ich, denn er lag still.

Stolz zeig dich daheim den Prachtrüden den Kindern. Und um das Glück perfekt zu machen, fand am nächsten Vormittag mein Mann, denn ich musste ja wieder zur Arbeit, den von mir zuerst beschossenen Fuchs, eine Fähe. Sie lag gleich hinter dem ersten Baum. Innerhalb nur einer Stunde zwei Füchse erlegt. Ein herrlicher Anblick, als sie beide  nebeneinander am Haken des Schuppens hingen. Herrlichste balgbare Füchse, denn das war nicht immer so. Und nun stimmte auch die Treffpunktlage der Waffe wieder, mit der ich zuvor Probleme hatte. Meine kleine Jägerwelt war wieder in Ordnung.

ENDE

Text und Fotos © Hildruth Sommer